EuGH: Bloße Ankündigung als staatliche Beihilfe

24-05-2013

Der EuGH hat erstmals judiziert, dass bereits die bloße Ankündigung eines Staates, sich an der Erhöhung des Eigenkapitals eines Unternehmens entsprechend seinem Unternehmensanteil zu beteiligen, als staatliche Beihilfe zu qualifizieren ist.


Eine staatliche Beihilfe im Sinne von Artikel 107 Abs 1 AEUV liegt dann vor, wenn bestimmte Unternehmen eine Förderung aus staatlichen Mitteln erhalten, die den Wettbewerb verfälscht oder zu verfälschen droht und den Handel zwischen den Mitgliedsstaaten beeinträchtigt. Dabei sind sämtliche staatlichen Mittel bzw. Mittel zu besseren Bedingungen, als ein privater Investor unter denselben Bedingungen sie bereitstellt, zu qualifizieren. In Frage kommen alle Formen wirtschaftlicher Eingriffe, einschließlich Kapitalzuführungen, Darlehen und Bürgschaften von Seiten der öffentlichen Hand an Unternehmen, wobei vom Begriff der „Beihilfe“ sämtliche Mittel nationaler, regionaler oder lokaler Behörden, öffentlicher Banken und Stiftungen etc. umfasst sind. Beihilfen, welche nicht rechtmäßig gewährt wurden, müssen durch den Staat vom Empfänger zurückgefordert werden.

 

In einer jüngst ergangenen Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) zu C-399/10 P und C-401/10 P, Bouygues und Bouygues Télécom/Kommission, stellte dieser nunmehr klar, dass vom Beihilfenbegriff nicht nur die aktuelle Belastung des Staatshaushaltes (im weitesten Sinn) umfasst ist, sondern auch dessen potentielle Belastung.

 

Im gegenständlichen Fall kündigte die Französische Republik an, sich an der Erhöhung des Eigenkapitals der France Télécom SA (FT) gemäß seinem Anteil am Unternehmen zu beteiligen. Konkret wies FT im Jahr 2001 einen Verlust von 8,3 Mrd Euro aus. Die Schulden beliefen sich auf 63,5 Mrd Euro, weshalb Ratingagenturen das Rating für FT herabstuften und der Aktienkurs verfiel. Der französische Wirtschaftsminister erklärte im Juli 2002 in einem Interview, dass die Französische Republik im Falle, dass FT Finanzprobleme haben sollte, entsprechend zu Gunsten von FT eingreifen wird. Diese Erklärungen wurden durch Ratingagenturen im Rahmen der jeweiligen Einstufungen positiv berücksichtigt, das Ranking von FT zumindest nicht verschlechtert. Im Dezember 2012 wurde durch FT ein entsprechender Aktionsplan vorgestellt, in welchem eine Kapitalerhöhung um 15 Mrd Euro vorgesehen war. Noch am gleichen Tag bekräftigte das französische Wirtschaftsministerium die Unterstützung des Aktionsplans durch Beteiligung an der Kapitalerhöhung durch einen befristeten Aktionärsvorschuss. Der angebotene Aktionärsvorschuss wurde letztlich durch FT gar nicht angenommen, eine konkrete Belastung des öffentlichen Haushaltes war sohin nicht gegeben.

 

Wie der EuGH jedoch nunmehr judizierte, ist bereits die bloße Ankündigung eines Staates, sich an der Erhöhung des Eigenkapitals eines Unternehmens entsprechend seinem Unternehmensanteil zu beteiligen, wodurch dem Unternehmen ermöglicht wird, seine Finanzmittel aufzustocken und den Markt hinsichtlich seiner Fähigkeit zur Erfüllung fälliger Verbindlichkeiten zu beruhigen, ein Vorteil iSv Art 107 Abs 1 AEUV und somit eine Beihilfe. Nach Ansicht des EuGH wird dadurch der Staatshaushalt potenziell belastet. Irrelevant ist, dass diese Ankündigung vom Unternehmen nicht angenommen wurde. Eine solche Ankündigung verschafft einem Unternehmen letztlich einen wirtschaftlichen Vorteil gegenüber Wettbewerbern.

 

Diese Entscheidung ist von weit reichender Bedeutung auch für die Beurteilung formloser und nicht rechtsverbindlicher Zusagen durch die öffentliche Hand, Unternehmen Kapital, egal in welcher Form, zur Verfügung zu stellen. Somit sind nicht nur rechtsverbindliche, förmliche Bürgschaften als staatliche Beihilfe zu qualifizieren, sondern beispielsweise auch die (öffentliche) Aussage eines Verwaltungsorgans, im Notfall für die Finanzierung eines Unternehmens aufzukommen, sofern dadurch dem Unternehmen zumindest mittelbar ein wirtschaftlicher Vorteil verschafft wird. Ein solcher kann bereits der leichtere Zugang zu Krediten darstellen.

 

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